Trinationales Seminar „Autonomes Fahren im Dreiländereck“

Studierende vom KIT, der Universität Basel und der Université de Strasbourg

Zu Technik, Regulierung und Akzeptanz des Autonomen Fahrens arbeiten Studierende und Forschende der Juristischen Fakultäten der Universitäten Basel und Strasbourg sowie Ingenieure, Computerwissenschaftler und Rechtswissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) grenzüberschreitend und interdisziplinär zusammen. Teilnehmerin Sophie Haesen blickt auf das trinationale Seminar zurück:

Vom 28. bis 30. Mai 2018 fand das diesjährige trinationale EUCOR-Seminar zum Thema „Autonomes Fahren im Dreiländereck“ statt , an dem sich unter Federführung von Prof. Dr. Sabine Gleβ und Prof. Dr. Wolfgang Wohlers von der Universität Basel und Prof. Dr. Armin Grunwald aus Karlsruhe diesmal Studierende und Forschende der Juristischen Fakultäten der Universitäten Basel und Strasbourg und Ingenieure, Computerwissenschaftler und Rechtswissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) beteiligten.

In dem mehrtägigen Blockseminar begegneten sich die an den Rechtsfolgen des autonomen Fahrens in Oberrhein-Region Interessierten. Die Frage der Arbeitssprache wurde im Sinne der Schweizer règle confédéral – ganz im Sinne der länderübergreifenden Verständigung – gelöst: Jeder Teilnehmer kommunizierte in der Sprache der jeweiligen Heimatuniversität und man vertraute (zu Recht) darauf, dass die anderen verstanden.

Zu Beginn des Seminars ermöglichten die Mitarbeiter des Forschungszentrum Informatik (FZI) am KIT den auswärtigen Gästen, den aktuellen Feldversuch zum autonomen Fahren ganz aus der Nähe zu betrachten und selbst von einem autonom fahrenden Auto über den Lernparcours gefahren zu werden. Mit dieser Vorreitertechnologie auf Tuchfühlung zu sein und einmal die Sicht des Autos einzunehmen war ein grossartiges Erlebnis, für das die Basler und Strassburger den Karlsruhern herzlich danken! Der Feldversuch ist in mehrere Stufen gegliedert – zuerst trainieren die autonomen Fahrzeuge auf einer separaten Versuchsstrecke und werden dann allmählich in Strassenverkehr entlassen – selbstverständlich immer mit Sicherheitsfahrer.

Auch der Besuch im Labor des KIZ war hochinteressant, weil sich zeigte, dass sich bei den unterschiedlichen praktischen Anwendungen die rechtlichen Probleme stellen, welche die Juristen vorausgeahnt hatten: So stellt sich etwa die Frage, wie Haftung zu verteilen ist, wenn ein autonomes Fahrzeug sich selbständig in einer Parkgarage abstellt, deren Betreiber dafür extra eine Infrastruktur bereit hält. Da der Besitzer des Autos dieses mittels einer Smartphone-App zum Parken schickt, gibt es mindestens drei mögliche Verantwortliche.

Das erste Diskussionspanel – unter der fachlichen Leitung von Armin Grunwald, dem Leiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) am KIT, drehte sich um die interdisziplinäre Debatte um das automatisierte Fahren. Hier spielte die Definition der verschiedenen Stufen des autonomen Fahrens und die daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen ebenso eine Rolle wie die Berücksichtigung von Spitzenforschung und zivil- sowie strafrechtliche Haftungsfragen. Gerade die Diskussion um das „erlaubte Risiko“ führte noch einmal grundlegende Unterschiede in den verschiedenen Rechtsordnungen eindrücklich vor Augen.

Einig war man sich darin, dass es neuer Differenzierungen braucht, um adäquat die Haftung für die in das autonome Fahren involvierten Menschen zu beurteilen. Hier ergab sich Diskussionsbedarf naturgemäss aus den unterschiedlichen Perspektiven von „Programmierern“ und „Juristen“. Es zeigte sich auch, dass manche mehr und andere weniger an möglicherweise bald überholten Rollen wie „Fahrer“ und „Halter“ von Fahrzeugen festhalten wollten. Der Tag schloss mit zwei Vorträgen zu Möglichkeiten einer umfänglichen Überwachung von Verkehrsverletzungen im Strassenverkehr und „vollautomatisiertem Strafen“. Beim anschliessenden gemeinsamen Abendessen gab es also viel zu diskutieren.

Der letzte Tag begann mit einer Diskussion über die auch in der Öffentlichkeit immer wieder thematisierten „Dilemma-Situationen“, bei denen im Fall eines nicht zu vermeidenden Unfalls nicht alle Rechtsgüter – oder allgemeinverständlich formuliert – nicht alle in eine solche Situation involvierten Menschen – gerettet werden können. Die öffentliche Debatte hat sich vor allem daran entzündet, dass – wenn der Fahrer aus dem Auto verschwindet – die dann lenkenden „Algorithmen“ einen Ausweg aus dieser Situation finden und also die Handlungsalternative wählen müssen. Hier sind ethische und rechtliche Fragen eng miteinander verknüpft und eine für alle gültige Antwort wurde noch nicht gefunden. Die gesellschaftliche und rechtliche Diskussion dürfte also weitergehen. In der Diskussion wurde jedoch auch zu bedenken gegeben, dass diese Fälle zwar spektakulär sein mögen, die oft eher trocken anmutende juristische Diskussion der bereits am Vortag behandelten Themen jedoch weitaus grundlegender für die Zukunft des automatisierten Fahrens sein dürfte.

Das letzte Panel des Seminars behandelte Fragen rund um die Blockchain-Technologie, also kryptografisch abgesicherte Verkettungen von Datenbankenblöcken, die unter anderem Datenmanipulation verhindern soll und dadurch auch für Beweiserhebung interessant sein könnte. Das Seminar endete mit einem Dank an die Gastgeber in Karlsruhe – und auch auf der Rückreise (mit der Deutschen Bahn) wurde weiter über die Chancen und Gefahren selbstfahrender Autos diskutieret.

Wie schon in den Vorjahren war das tri-nationale Eucor – The European Campus Seminar für alle Teilnehmer sehr bereichernd. Das gilt nicht nur für den Lerneffekt durch die vorbereitenden Treffen, in denen man sich sukzessive in die jeweiligen Themen einarbeitet, sondern vor allem durch die Möglichkeit des interdisziplinären Austausch über die Grenzen hinweg. Herzlichen Dank allen, die mitgeholfen haben, den hochkarätigen Moderatoren der verschiedenen Panels und nicht zuletzt den Organisatoren!

Sophie Haesen

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