Mit Eucor ein Praktikum im Ausland machen

Yolène Chareyre ist Pharmaziestudentin in Straßburg (Frankreich) und hat sich für drei Monate auf das Abenteuer Auslandspraktikum an der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie in Freiburg eingelassen. In einem Interview erzählt sie uns von ihrer Motivation, den Schwierigkeiten, denen sie begegnet ist, sowie den Personen, die ihre Zeit in Deutschland geprägt haben.

Frau Chareyre, Sie sind Pharmaziestudentin an der Universität Straßburg und machen aktuell ein Praktikum an der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie in Freiburg. Könnten Sie uns Ihren Werdegang in wenigen Sätzen schildern?

Ich studiere aktuell im 3. Mastersemester und strebe den industriellen Zweig des Pharmaziestudiums an. In unserem Studium haben wir die Möglichkeit, uns in einer der drei Tätigkeitsfelder Allgemeinpharmazie, Krankenhauspharmazie oder der Pharmazeutischen Industrie zu spezialisieren. Alle Studierenden aus dem industriellen Zweig müssen ein sechsmonatiges Praktikum absolvieren, wovon drei Monate in Frankreich sein müssen. Ich habe mich dafür entschieden, die verbleibenden drei Monate im Ausland zu machen.

Was hat Sie daran gereizt, ein Praktikum im Ausland zu machen und auf einer fremden Sprache zu arbeiten?

Ich habe mich schon immer sehr für Deutschland interessiert und da ich Elsässerin bin, wurde mir von klein an Deutsch beigebracht. Die Idee, in Deutschland oder der Schweiz zu arbeiten, hat mich stets gereizt. Man muss jedoch wissen, dass es relativ kompliziert ist, ein Krankenhauspraktikum im Ausland zu machen. Generell ist es für uns Pharmaziestudierenden manchmal schwierig, unseren Platz im Krankenhaus zu finden, obgleich das Krankenhauspraktikum fester Bestandteil unseres Studiums ist. Deshalb habe ich mir gesagt, ich muss die Gelegenheit nutzen.

Die Sprache ist eine Herausforderung für mich. Nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch das medizinische Vokabular, welches ich nicht immer kenne, nicht einmal auf Französisch. Das macht die Arbeit sehr herausfordernd. In der Krankenhausapotheke gibt es eine Apothekerin, die ungefähr in meinem Alter ist. Wir reden viel miteinander und haben unsere ganz eigene Sprache entwickelt, eine Mischung aus Deutsch und Englisch, das ist sehr nett.

Wie haben Sie Ihr Praktikum gefunden und wie viel Zeit im Voraus haben Sie begonnen, sich zu informieren?

Die Idee habe ich seit eineinhalb Jahren im Kopf. Durch mein Studium in Straßburg werde ich als französische Arbeitskraft angesehen, was bedeutet, dass ich den Praktikumsplatz, der für mich seit meinem zweiten Semester reserviert war, nicht in Anspruch nehme. Um ins Ausland gehen zu können, musste ich eine Bewerbung bei einer Jury einreichen, die sich im Dezember 2021 getroffen hat. Neben mir gibt es auch andere Studierende, die ihr Praktikum an anderen Orten machen. Dies sind jedoch alles französische Überseegebiete wie Guadeloupe oder La Réunion. In diesem Trimester bin ich die einzige, die ihr Praktikum im Ausland macht und die erste, die nach Freiburg geht. Dafür brauchte ich gute Kontakte. Dies war nicht so einfach, zumal während der Coronapandemie niemand mehr verreisen konnte. So habe ich im Januar 2021 begonnen für mein Praktikum im Sommer 2022 zu suchen. Ich wollte unbedingt ins Ausland und so kam eins zum anderen und ich traf Joern Pütz, den Vizepräsidenten für deutsch-französische Beziehungen an der Universität Straßburg und ehemaligen Vizepräsidenten von Eucor. Er hat den Kontakt mit dem Freiburger Universitätsklinikum hergestellt und es hat sofort geklappt.

Und warum Freiburg und nicht eine andere deutsche Stadt?

Freiburg ist nicht weit weg von Straßburg. Und angesichts der andauernden Pandemie konnte ich mir nicht vorstellen, sehr weit wegzugehen. Sollte es ein Problem geben, könnte ich jederzeit zurückkehren. Zudem gab es zum Zeitpunkt meines Praktikums das 9-Euro-Ticket, was wirklich toll war. Ich bin in einer Stunde fünfzehn mit dem Zug und 50 Minuten mit dem Auto in Straßburg. Aber andererseits habe ich dadurch vielleicht weniger Menschen kennengelernt, weil ich nicht darauf angewiesen war. Wenn ich mal nichts vorhatte, konnte ich zu meiner Familie fahren. Ich habe weniger das ERASMUS-Feeling als andere Personen, die zum Beispiel aus Mexiko nach Freiburg kommen.

Wie waren Ihre ersten Wochen in der Universitätsklinik?

In der Klinik nehme ich an den Patientenbesuchen teil, gemeinsam mit den Ärztinnen und Ärzten sowie den Assistenzärzten. Da mein Praktikumsbetreuer, Prof. Dr. Voll, wusste, dass ich Pharmazie studiere, hat er mir vorgeschlagen, einen Teil meines Praktikums in der Klinikumsapotheke zu verbringen. Wir haben in einer gemeinsamen Vereinbarung festgehalten, dass ich im Wechsel zwei Wochen hier in der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie und zwei Wochen in der Klinikumsapotheke mache und das drei Monate lang. Anders als im klinischen Teil ist meine Arbeit in der Apotheke sehr viel praktischer. Wir befinden uns in der Produktion und bereiten beispielsweise Augentropfen vor oder Beutel mit parenteraler Nahrung für Neugeborene.

Was ist Ihrer Meinung nach der Mehrwert dieser Auslandserfahrung?

Für mich ist es eine Möglichkeit, meinen Horizont zu erweitern. Es hilft mir dabei, zu verstehen wie andere funktionieren. Ich bin davon überzeugt, dass jedes Land einen wichtigen Beitrag leistet. In der Apotheke lerne ich beispielsweise warum es in Deutschland Medikamente gibt, die in Frankreich nicht zugelassen sind. Außerdem mag die die deutsche Art, die Stimmung. Für meine Zukunft wird es mir ganz sicher helfen, eine neue Kultur kennenzulernen und hier zu leben.

Sie arbeiten nicht nur in Freiburg, sondern leben auch seit einem Monat hier. Wie fühlen Sie sich in Freiburg?

Die Wohnungssuche war sehr schwierig. Man muss wissen, dass Freiburg sehr studentisch und zugleich eher klein ist. Und die Leute bleiben gerne hier. Da ich im Juni – Mitten im Semester – ankam, war die Suche sehr schwierig. Ich habe auf wg-gesucht, einer deutschen WG-Börse, gesucht, doch da ich nur drei Monate bleiben werde, war das Angebot nicht groß oder die Leute suchten jemanden für länger. Schließlich habe ich ein Zimmer zur Untermiete bei einer Frau gefunden. Anfang August bin ich dann in eine WG gezogen mit einer jungen Frau in meinem Alter.

Erhalten Sie eine finanzielle Unterstützung durch Ihre Universität oder andere Stipendien?

Zunächst einmal erhalte ich zum Glück ich für mein Praktikum hier in Deutschland ein Gehalt. Da ich mich frühzeitig um meine Praktikumssuche gekümmert habe, konnte ich darüber hinaus Stipendien beantragen, darunter das Exzellenzstipendium (bourse d’excellence), für das man sein Thema weit im Voraus präsentieren muss. Neben dem Exzellenzstipendium erhalte ich ERASMUS-Mittel, das AMI-Stipendium (Aide à la mobilité internationale) und ein Stipendium der Région Grand Est. Um diese drei Stipendien zu erhalten, musste man sehr organisiert sein und viele Unterlagen vorbereiten.

Haben Sie weitere Studierende in Freiburg kennengelernt?

In Freiburg ist das ERASMUS-Netzwerk sehr aktiv und ich habe viele internationale Studierende kennengelernt. Wenn sich zwei Personen unterschiedlicher Herkunft kennenlernen, ist das immer anders als zwei Franzosen beispielsweise. Da es manchmal eine Sprachbarriere gibt, weicht man auf andere Ausdrucksformen wie Emotionen, den Blick oder gemeinsame Aktivitäten aus. Ich habe etwas in mir entdeckt, einen Teil meines Charakters, den ich noch nicht kannte. Ich bin sehr froh, hier zu sein trotz aller Schwierigkeiten.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit dafür genommen haben, Ihre Erfahrungen mit uns zu teilen. Möchten Sie noch etwas hinzufügen?

Ich finde, dass die Menschen hier unbeschreiblich freundlich und wohlwollend sind. Meine sechs Monate Praktika in Frankreich und Deutschland waren geprägt von Begegnungen mit Menschen, die so viel zu geben haben und mir so viel gegeben haben. In Frankreich habe ich ein Praktikum beim SAMU 67 (Service d’Aide Médicale Urgente – dem französischen Rettungsdienst) gemacht, wo tolle Menschen arbeiten. Später würde ich gerne so sein wie diese Menschen. Es gibt eine Sache, die mir in Freiburg aufgefallen ist, nämlich das Wort “frei” im Namen der Stadt Freiburg. Das ist genau das Gefühl, das ich hier habe. Meine drei Monate hier fühlen sich für mich wie Freiheit an, sich einfach wohlfühlen und sorglos sein. Der Name der Stadt könnte nicht passender sein.

Neuheit auf dem Europäischen Campus:

Das Praktikum von Yolène Chareyre ist eine Premiere im Eucor-Kontext, welches ohne das große Engagement von Prof. Dr. Jean-Yves Pabst, Studiengangsleiter für Pharmazie, Prof. Dr. Joern Pütz, Vizepräsident für die deutsch-französischen Beziehungen an der Universität Straßburg und ehemaliger Vizepräsident von Eucor, sowie von Prof. Dr. Reinhard E. Voll vom Universitätsklinikum Freiburg nicht möglich gewesen wäre.

Das ist ein wirklicher Meilenstein, denn es handelt sich um das erste Mal, dass eine Pharmaziestudentin ein Auslandspraktikum machen konnte und eine weitere Studentin hat bereits für das Jahr 2023 mit mir Kontakt aufgenommen.“

Prof. Dr. Joern Pütz, Vizepräsident für die deutsch-französischen Beziehungen an der Universität Straßburg und ehemaliger Vizepräsident von Eucor

Zurück zur Newsübersicht